Ein neuer Bericht der Washington Post befasst sich mit den Sicherheitsfunktionen von Apples neuem AirTag und kommt zu dem Schluss, dass das Gerät und der dazugehörige „Find My“-Dienst nicht mit angemessenen Sicherheitsvorkehrungen gegen Stalking ausgestattet sind.
Bei der Vorstellung des AirTag gab sich Apple große Mühe, die Kritik an seinem Tracker abzuwehren. Während der Veranstaltung und in anschließenden Interviews pries das Unternehmen Schutzmaßnahmen gegen Stalking oder „unerwünschte Verfolgung“ im Apple-Jargon an, die iOS-Benachrichtigungen und akustische AirTag-Warnungen umfassen. Eine beiläufige Studie des Kolumnisten der Washington Post, Geoffrey Fowler, behauptet, dass Apples Bemühungen möglicherweise nicht ausreichen, um Stalker zu vereiteln. AirTag sei damit ein „neues Mittel für kostengünstiges, effektives Stalking“. Er fügte hinzu, dass die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen „nicht ausreichen“, um den Missbrauch des winzigen Trackers zu vereiteln. So hat Fowler einen Kollegen gebeten, ihn eine Woche lang mit einem AirTag zu verfolgen, der in seinem Rucksack platziert war. Während einer Fahrradtour zeigte das Gerät Fowlers Standort alle paar Minuten mit einer Genauigkeit von etwa einem halben Block an.
AirTag: Alarm geht erst nach drei Tagen los
Wenn er zu Hause war, konnte der AirTag sogar seine exakte Adresse angeben. Obwohl Fowler darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das unbekannte Gerät seine Bewegungen verfolgte – sowohl durch iOS-Benachrichtigungen als auch durch einen akustischen Alarm, der über den AirTag-Lautsprecher abgespielt wurde – waren die Warnungen nicht so effektiv wie erhofft. Konkret stellt Fowler fest, dass der Alarm erst nach drei Tagen startet und dann 15 Sekunden lang ein „leichtes Zirpen“ abspielt, das mit 60 Dezibel bei einem Abstand von einem Meter gemessen wird. Wie bereits von Apple beschrieben, gibt der AirTag ein Audiosignal aus, wenn er drei Tage lang von seinem Besitzer entfernt ist. Diese Zeitspanne ist ein Problem für Befürworter von Datenschutz. Fowler bemängelt auch die Kompatibilität mit dem Betriebssystem. Da das „Find My Netzwerk“ derzeit auf iOS beschränkt ist, können Android-Nutzer einen AirTag, der mit ihnen unterwegs ist, nicht so einfach entdecken und benachrichtigt werden.
Apple: „Es ist ein intelligentes und konfigurierbares System“
Gepaart mit einem Lautsprecher, der leicht gedämpft oder deaktiviert werden kann, wird AirTag zu einem mächtigen Werkzeug, um Personen zu verfolgen, die kein iPhone besitzen. Zu beachten gilt aber, dass Android-Geräte die „Verloren-Modus“-Nachricht eines AirTag über NFC auslesen können. Doch das Auffinden eines fremden AirTag wird auch unter iOS erschwert, so Fowler. Es gibt zwar eine Option, um den Tracker zu zwingen, einen Ton abzuspielen aber Nutzer können das Gerät nicht mit der Funktion „Genaue Suche“ aufspüren. Apples Vice President of iPhone Marketing, Kaiann Drance, ging in einem Interview auf einige von Fowlers Bedenken ein:
Dies sind die ersten starken proaktiven Abschreckungsmaßnahmen der Branche. Es ist ein intelligentes und konfigurierbares System und wir können die Logik und das Timing weiter verbessern, so dass wir Funktionen optimieren können.
Fowler fragte Drance, ob Apple Experten für häusliche Gewalt konsultiert habe, als es die Abschreckungsmittel von AirTag entwarf, doch dieser lehnte eine Antwort ab. So erklärte Drance:
Wir haben keine weiteren Details bekanntzugeben. Aber natürlich sind wir offen dafür, alles von diesen Organisationen zu hören.
Apple gehört zu den ersten Wettbewerbern auf dem noch jungen Markt für Tracker, die einen Schutz gegen Stalking anbieten. Doch wie Fowler zeigte, ist die Lösung nicht perfekt. Das Unternehmen ist gezwungen, den goldenen Mittelweg zwischen leistungsstarken Ortungsfunktionen und dem Schutz der Privatsphäre zu finden – ein schwieriger Spagat, wenn man die Daseinsberechtigung von AirTag bedenkt. (Photo by Unsplash / Jonas Elia)