Laut einem neuen Bericht von The Markup hat der Ortungsdienst Life360 die genauen Standortdaten von mehreren Millionen seiner Nutzern verkauft.
Life360 bezeichnet sich selbst als „Familiensicherheitsplattform“, die es Familienmitgliedern ermöglichen soll, einander mit einer auf Smartphones installierten Ortungssoftware im Auge zu behalten. Die App gibt es sowohl auf Android- als auch iOS. Die Software wird von etwa 33 Millionen Menschen auf der ganzen Welt genutzt. Doch offenbar verkauft Life360 Standortdaten von Kindern und Erwachsenen an ein Dutzend Datenbroker, die die Daten dann an andere Unternehmen weitergeben. Zwei ehemalige Life360-Mitarbeiter erklärten, dass Life360 eine der größten Datenquellen in der Branche ist und äußerten sich besorgt darüber, wie die Daten verwendet werden und dass es keine Schutzmaßnahmen gibt, um Missbrauch zu verhindern. Die Mitarbeiter behaupten, dass Life360 keine Vorkehrungen trifft, um sicherzustellen, dass die Standortdaten nicht zu einzelnen Personen zurückverfolgt werden können. Die offensichtlichsten Informationen zur Identifizierung des Nutzers werden jedoch entfernt. Doch Life360 fasst die Daten nicht zusammen oder reduziert die Genauigkeit, um die Privatsphäre zu schützen.
Life360 CEO: „Wir sehen Daten als einen wichtigen Teil unseres Geschäftsmodells“
Life360 CEO, Chris Hulls, erklärte gegenüber The Markup, dass Daten ein „wichtiger Teil des Geschäftsmodells“ sind, das es ermöglicht, die Kerndienste von Life360 kostenlos anzubieten.
Wir können weder bestätigen noch dementieren, dass Life360 eine der größten Datenquellen der Branche ist. Wir sehen Daten als einen wichtigen Teil unseres Geschäftsmodells, der es uns ermöglicht, die Kerndienste von Life360 für die Mehrheit unserer Nutzer kostenlos zu halten, einschließlich der Funktionen, die die Fahrsicherheit verbessert und zahlreiche Leben gerettet haben.
Ein Ingenieur, der für X-Mode, einen Anbieter von Standortdaten, gearbeitet hat, sagte, dass die rohen Standortdaten, die er von Life360 erhielt, wegen der „schieren Menge und Präzision der Daten“ eines seiner „wertvollsten Angebote“ waren. Life360 hat Daten an X-Mode, Cuebiq, Arity, Safegraph und andere verkauft, die Standortdaten für andere Dienste bereitstellen. Life360 legt einen Teil der Datenweitergabe in seiner Datenschutzerklärung zwar offen aber es gibt auch Unternehmen, die darin nicht aufgeführt sind. Dazu schreibt Hulls:
Datenpartner werden nur dann veröffentlicht, wenn die Partner Transparenz verlangen oder es einen besonderen Grund dafür gibt.
„Du kannst sehen, wo deine Kinder sind und jeder, der diese Informationen kauft“
Er bestätigte, dass X-Mode Daten von Life360 kauft und dass es einer von „etwa einem Dutzend Datenpartnern“ ist. Hulls fügte hinzu, dass das Unternehmen eine Gesetzgebung unterstützen würde, die die Offenlegung solcher Partner vorschreiben würde. Einige der Datenanbieter nutzen nur aggregierte Standortinformationen von Life360. Cuebiq zum Beispiel nutzt aggregierte Daten, um COVID-19 „Mobilitätstrends“ mit der CDC zu verfolgen. X-Mode dagegen hat die Life360-Daten dem US-Verteidigungsministerium zur Verfügung gestellt während SafeGraph sie ebenfalls der CDC zur Verfügung stellt. Life360 weist im Kleingedruckten seiner Datenschutzbestimmungen darauf hin, dass die Daten verkauft werden. Doch die Menschen sind sich vermutlich nicht bewusst, wie die Daten weitergegeben werden, nachdem sie bei Datenbrokern landen. So erklärte Justin Sherman, Mitarbeiter des Duke Tech Policy Lab, gegenüber The Markup:
Familien würden den Slogan „Du kannst sehen, wo deine Kinder sind und jeder, der diese Informationen kauft, kann das auch“ wahrscheinlich nicht mögen.
Life360 übernimmt AirTag-Konkurrenten Tile
Es gibt auch eine Opt-Out-Funktion, die aber nicht allen Nutzern bekannt sein dürfte. Life360 ist eine App, die vor allem von Eltern genutzt wird, um ihre Kinder und Jugendlichen zu überwachen und die wegen ihres Eingriffs in die Privatsphäre Bedenken hervorgerufen hat. Life360 hat erklärt, dass es die Standortdaten von Nutzern unter 13 Jahren nicht weitergibt. Doch die Daten von Kindern über 13 Jahren und Erwachsenen sind praktisch Freiwild. Tile, ein Unternehmen, das Bluetooth-basierte Tracker herstellt, die mit Apples AirTags konkurrieren, wird von Life360 im Rahmen eines Deals im Wert von 205 Millionen US-Dollar übernommen. Life360 sagt, dass es mit dem Kauf von Tile eine „allumfassende Lösung“ für die Ortung von Haustieren, Menschen und Gegenständen anbieten kann – eine Behauptung, die angesichts der Datenschutzbedenken, die im heutigen Bericht geäußert werden, definitiv alarmierend ist. (Photo by World Image / Bigstockphoto)