Unter iOS 14 gibt es eine Funktion, die etwas in Vergessenheit geraten ist. Sie heißt „Genauer Standort“ und ist im Bereich Ortungsdienste zu finden. Das Feature gibt dem Anwender mehr Kontrolle darüber, welche Apps auf den aktuellen Standort zugreifen können und in welcher Granularität.
Vor der Einführung von iOS 14 konntest du einer App den Zugriff auf deinen Standort gewähren und dabei auswählen, ob dieser immer oder nur bei Verwendung der App gilt. Wenn jedoch der Zugriff auf den Standort erlaubt war, erhielt die Applikation immer deine genauen Koordinaten. Viele Anwendungen benötigen eigentlich keine so genauen Standortinformationen und iOS 14 bietet diese Flexibilität, einschließlich der Möglichkeit, den Anwender im Berechtigungsdialog im Voraus zu fragen.
iOS 14 Standort: Anwender entscheiden individuell
Während Navigationsanwendungen einen genauen Standort benötigen, um zu funktionieren, benötigen viele Anwendungsklassen keine Positionsbestimmung auf GPS-Ebene. Beispielsweise muss eine Wetter-App nur die aktuelle Stadt kennen, um das Wetter am Standort anzuzeigen. Apple hat während der WWDC 2020 ein tolles Beispiel an der hauseigenen TV-App gemacht. Streaming-Dienste haben für jede Region unterschiedliche Inhaltsrechte, so dass die App den Standort des Nutzers kennen muss, um Inhalte anzuzeigen, die dem Nutzer gesetzlich erlaubt sind. Dazu benötigt sie jedoch keine genauen Koordinaten. Unter iOS 14 fordert die TV-App also nur hochrangige regionale Standortdaten an. iOS 14 enthält APIs, die es Apps ermöglichen, zu erklären, dass sie nur den Standort mit „reduzierter Genauigkeit“ benötigen, so dass fleißige App-Entwickler nur die minimale Menge an Informationen sammeln können und nicht mehr. Außerdem kann der Anwender individuell entscheiden, welche App Voll- oder einen Teilzugriff erhalten soll.
iOS 14: So wird die Funktion „Genauer Standort“ aktiviert bzw. deaktiviert
Wer das Feature im späteren Verlauf steuern möchte, der kann das jederzeit über die iOS-Einstellungen machen. Hierzu muss der Bereich „Datenschutz“ in den iOS-Einstellungen geöffnet werden. Navigiere anschließend auf „Ortungsdienste“ und wähle eine beliebige App aus. Nun kannst du die Ortung einschränken. Wichtig: Anwendungen, denen bereits vor iOS 14 eine Standortberechtigung erteilt wurde, erhalten automatisch vollen Zugriff auf die genauen Standortdaten. Demnach muss das Ganze manuell geändert werden.
iOS 14: Wie kann iOS den Standort ungefähr bestimmen?
Standortinformationen mit reduzierter Genauigkeit sind so konzipiert, dass sie nützlich sind und die Privatsphäre gewahrt bleibt. Ortungsdienste sehen kreisförmige Regionen mit einem Durchmesser von einigen Kilometern. Die Daten der Regionen werden nur einige Male pro Stunde neu berechnet, so dass eine exakte Verfolgung nicht möglich ist. Der tatsächliche Standort des Anwenders wird irgendwo innerhalb der kreisförmigen Region liegen. Dieser kann allerdings nicht genau bestimmt werden. Das System ist intelligent genug, um Ortungsergebnisse zu liefern, die für den Menschen Sinn machen. Wenn du beispielsweise in der Nähe der Grenze zweier Länder fährst, befindet sich die ungefähre Positionsregion vollständig innerhalb des aktuellen Landes, in dem du dich befindest. Das bedeutet, dass eine Wetter-App immer in der Lage sein wird, relevante lokale Vorhersagen anzuzeigen, ohne jemals genau zu wissen, wo du dich befindest.
Ebenso variiert der Radius der ungefähren Standortregionen je nach Kontext. Wenn der Anwender durch ein dichtes Gebiet mit mehreren Städten fährt, schrumpft der Radius auf ein paar Kilometer, um sicherzustellen, dass die App relevante Ergebnisse liefern kann. Wenn iOS andererseits weiß, dass du durch ein weites, offenes Gebiet fährst, kann der ungefähre Standort viel größer sein. Die reduzierte Genauigkeitseinstellung gilt auch für Aktualisierungen der Position im Hintergrund. Anwendungen, die im Hintergrund mit ungefähren Standortberechtigungen laufen, werden nur etwa viermal pro Stunde über Standortmeldungen informiert und jede Aktualisierung hat die gleiche ungenaue Granularität; eine Region, die sich in der Regel über einige Kilometer erstreckt.
Was ist mit Apps, die tatsächlich den exakten Standort benötigen?
Natürlich gibt es auch Anwendungen, die den genauen Standort benötigen. Doch das ist die Aufgabe der Entwickler, die Nutzer davon zu überzeugen, ihnen den Zugriff zu gewähren – oder? Dies würde beispielsweise auf Navigationsanwendungen zutreffen. Wäre hier der Standort eingeschränkt, so könnte die App den Nutzer nicht rechtzeitig darüber in Kenntnis setzen, wann er abbiegen soll. Apps können im Übrigen auch temporären Vollzugriff anfordern. Das ideale Verhalten zeigt sich am Besten durch die Funktionsweise der Apple Maps App unter iOS 14. Wenn der Anwender einen eingeschränkten Standort gewährt, zeigt die Karten-App die aktuelle Standortmarkierung des Nutzers so gut es geht an. Am oberen Rand des Bildschirms wird ein Hinweis eingeblendet. Wenn ein Nutzer jedoch versucht, zu einem anderen Ort zu navigieren, meldet die Karten-App, dass sie einen genauen Standort benötigt, um das Routing durchzuführen. Nun könntest du für dieses Vorhaben temporären Vollzugriff gewähren.
iOS 14 Standort: Ausgewogenes Verhältnis zwischen Privatsphäre und Komfort
Diese Funktion ist eigentlich gut durchdacht. Sie bietet den Kunden sinnvolle Verbesserungen des Datenschutzes, ohne Klassen von Apps unnötig zu bestrafen. Präzise Standortberechtigungen sind nach wie vor der Standard, wodurch das Ökosystem der Apps nur begrenzt gestört wird. „Gut erzogene“ Apps können freiwillig nur reduzierte Standortberechtigungen erhalten, da sie wissen, dass sie nichts Präziseres benötigen. Wenn der Anwender sie deaktiviert, hat die Anwendung die Möglichkeit zu erklären, warum sie den vollständigen Standort benötigt und kann den Nutzer direkt auf die entsprechende Seite in den Einstellungen leiten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es in iOS 14 jetzt zwei Achsen von Standortberechtigungen gibt – ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Privatsphäre und Komfort. (Photo by Denys Prykhodov / Bigstockphoto)